Lieber Ingo (ich hoffe es ist in
Ordnung, wenn wir uns duzen), vielen Dank, dass du dir die Zeit für
dieses Interview nimmst!
Duzen kein Problem
Deine Bücher richten sich hauptsächlich an sehr junge Leser. Liest du in deiner Freizeit auch sehr
viele Kinderbücher, oder sogar etwas völlig anderes, wie zum Beispiel Krimis?
Ich lese Bücher für Erwachsene, meist Romane, manchmal Krimis. Gelegentlich lese ich auch
Kinderbücher, besonders Bilderbücher, weil mich die Illustrationen interessieren und manchmal auch
inspirieren.
Stand es schon zu Beginn an fest, dass du deine Bücher selbst illustrieren wirst? Wie hast du dir das
Zeichnen beigebracht?
Als Jugendlicher habe ich begonnen, aus Comics abzuzeichnen. Ich erinnere mich an einen Asterix
und Obelix-Band. So habe ich das Zeichnen geübt, zunächst das Abzeichnen, dann das freie Zeichnen.
Über die Jahre habe ich immer mehr gezeichnet, aber so richtig „hineingekniet“ habe ich mich ins
Zeichnen erst mit meinen ersten Kinderbüchern. Das war ungefähr 2001.
Die Verlage wollten von Beginn an, dass ich meine Geschichten selbst illustriere. Ich wollte das gar
nicht so unbedingt. Schreiben fällt mir leichter als Zeichnen. Wobei ... mittlerweile mag ich beides
gleich gern.
Kannst du mittlerweile noch eine Buchhandlung betreten, ohne erkannt zu werden? :-)
Keine Ahnung, ich glaube schon.
Wie lange schreibst du ungefähr an einem Buch? Was benötigt mehr Zeit, der Weg von einer Idee bis
zum finalen Text oder der Weg von einem Blatt bis hin zu den ganzen fertigen Illustrationen?
Ein Buch entsteht bei mir in vier Schritten: Ideen sammeln, Konzept erstellen, Schreiben und
Illustrieren.
Die ersten drei Schritte ziehen sich über Monate hin, denn sie erfordern Inspiration, Einfallsreichtum
und Lust am Schreiben und Fabulieren. Da ich nicht auf Knopfdruck inspiriert bin (wer ist das schon),
finden diese Arbeiten eher nebenbei statt, während ich hauptsächlich anderes tue: z. B. Lesungen in
Schulen halten, zuhause am Herd stehen, lesen, radeln, Buchhaltung erledigen, Fanpost beantworten,
fernsehen, wandern, Gymnastik.
Trotz dieser vielen Nebenbeschäftigungen ist die Geschichte irgendwann fertig geschrieben. Sie ist
meist anders als im Konzept geplant, aber gut (finde ich jedenfalls, zum Glück meine Lektorin auch).
Die Illustrationen hingegen sind für mich fast reines Handwerk. Etwa fünf Wochen brauche ich, um
eine Kokosnuss-Geschichte zu illustrieren.
Wurdest du bereits von anderen Verlagen gebeten, Bücher für sie zu illustrieren? Falls ja, wie war das
für dich? Falls nein, würdest du es gerne einmal machen?
Anfragen kommen vor, aber die Arbeit an meinen eigenen Büchern nimmt mich voll in Anspruch, so
dass ich stets ablehne.
Gibt es ein spezielles Ritual, welches du nach der Vollendung jedes deiner Bücher machst? Zum
Beispiel einen Kuchen backen oder einen Ausflug machen...
Hm ... meist gebe ich die Illustrationen auf den letzten Drücker ab und erreiche dann gerade noch den
Zug zur Lesereise oder in den Urlaub. Das Ritual, wenn du so willst, besteht darin, noch schnell den
Koffer zu packen.
Kannst du dich noch an das erste Buch erinnern, welches du signiert hast?
Ich glaube, das war „Das Hokuspokus“, das ich für meine Frau signiert habe, ein Kinderbuch, das ich
2001 für das Aquarium Kerteminde in Dänemark geschrieben habe.
Warst du schon einmal beim Druck deiner Bücher dabei?
Ja, beim Druck eines meiner
Erdmännchen-Gustav-Bücher in Hannover. Das war spannend.
In deinen Büchern erfährt man,
dass der kleine Drache Kokosnuss aufgrund folgenden Ereignisses:
„Mein Vater sagt immer, ich war bei meiner Geburt gerade so groß wie eine Kokosnuss.“ zu seinem
Namen kam. Wie bist du als Autor auf den Namen gekommen?
Das fragen die Kinder auch oft, aber ich weiß es leider nicht mehr. Damals erfand ich eine
Drachengeschichte für den Sohn einer Freundin. Der Name Kokosnuss schien mir passend für die
Hauptfigur. Namen finde ich meist intuitiv, sie sollten klanglich und inhaltlich zur Figur passen
(Häuptling Letztes Wort). Wortspielerei (Schlimmer Jim) und Alliteration (Narbennasennorbert)
spielen auch oft eine Rolle, oder ich vergebe Namen nach historischem Vorbild (Brodir der Wikinger).
Was fasziniert dich an Drachen und
anderen Fabelwesen?
Ich glaube nicht, dass ich mehr als andere Menschen von Drachen fasziniert bin. Meine Buchfiguren
sind ja eigentlich Menschen, die bloß anders aussehen. Es ist reizvoll, Tiere sprechen zu lassen und
ihnen menschliche Eigenschaften zu geben. Zudem ist die Auswahl ungleich größer: Es gibt nur eine
Menschenart, aber unzählige Tierarten in vielen unterschiedlichen Größen, und wenn dann noch
Fantasiewesen wie Drachen hinzukommen, können Erzähler/innen aus dem Vollen schöpfen.
Du hast bereits ein Buch
geschrieben, in dem der kleine Drache Kokosnuss im antiken Rom, im alten
Ägypten, im Mittelalter, bei den Wikingern... ist. Planst du auch eines zu schreiben, in dem er die
Kelten besucht?
Bislang nicht. Kann noch kommen.
Kannst du uns vielleicht schon ein wenig über den Inhalt deines nächsten Buches erzählen?
Ja, ich arbeite gerade am nächsten Kokosnuss-Abenteuer: Kokosnuss in Australien. Da treffen
Kokosnuss, Matilda und Oskar auf einen Koala, einen Wombat, ein Schnabeltier, auf ein
Beuteldrachen-Paar und auf einen gefährlichen Beutelteufel.
Welche Tipps kannst du angehenden Autoren geben?
Schreibe immer hunderprozent, erkläre nicht soviel (das ist langweilig), tauche in die Szene ein, achte
auf die Logik, löse Andeutungen immer ein, und vor allem: Nimm deine Figuren ernst!
Na ja, und Fantasie, guter Plot, Ausdrucksvermögen ... spielt alles eine wichtige Rolle. Gute Ideen
gibt es viele, aber eine gute Umsetzung ist selten.
Abschließend wollte
ich dich bitten, ob du uns vielleicht ein Bild mit dem kleinen Drachen
Kokosnuss zeichnen könntest, in dem er ein Buch in den Händen hält.
Sende ich parallel als pdf-Datei. Auf dem Blatt sind mehrere Versuche zu sehen. Es ist auch für mich
nicht einfach, Kokosnuss in einem Buch lesend zu zeichnen, denn er hat eine lange Nase und
vergleichsweise kurze Arme. Die Skizzen zeigen, dass auch ein Zeichner, der viel übt und zeichnet,
nicht immer gleich alles auf Anhieb hinbekommt.